Es gibt einen äußerst rebellischen Teil in mir - ich liebe diesen Anteil. Er erinnert mich an meinen Vater, der im engen System der DDR groß wurde und sich nie einfach so einfügte. Für diesen Teil bin ich ihm sehr dankbar. Er ist Antrieb für viele Schritte und Entscheidungen in meinem Leben, die man mutig nennen könnte. Die letzten Jahre hat diese rebellische Energie mir geholfen, stabil auf meinem Weg zu bleiben. In diesem Schutz durfte ich wachsen und erkennen, wer ich bin, wo meine Gaben liegen und auch lernen, Ablehnung auszuhalten. Es gelingt noch nicht stetig aber immer mehr.
Rebellion kann aber auch ein genialer Panzer sein, ein wahrer Schutzwall, der dich vor dem Außen abgrenzt, vielleicht aber auch gegenüber dir selbst. Ich persönlich habe mich ganz wunderbar hinter meiner Rebellion verstecken können, auch hinter DER gegen mich selbst, gegen mein wahrhaftiges Sein. Ich denke nicht, dass sich hier schon alles entfalten durfte, doch der Weg ist offen und ich freue mich wie ein kleines Kind über jede Neuentdeckung, ja auch die nicht so angenehmen. Vielleicht entdeckt auch ihr ab und an Teile an euch, Ansichten und Konzepte, die ihr von euch oder eurem Leben habt, die irgendwie nicht mehr so richtig zu euch passen, sich sperrig und unecht anfühlen. Wie wunderbar! Sie zeigen sich uns und vervollständigen ein Bild von uns, das bisher nicht in seiner Ganzheit gemalt war.
Meiner Wahrnehmung nach, ist ein Aspekt der Rebellion die Verurteilung. Ein Part des Bildes, den ich im "Gesamtkunstwerk" lange nicht gesehen, dann verdrängt, später verurteilt habe und schlussendlich gehen lassen konnte. Das toxischste an dem Drang, mich über die Verurteilung anderen gegenüber abzugrenzen, war die Ablehnung meiner eigenen ungeliebten Aspekte. Einige herzensschöne Menschen haben mich in meinem Leben gelehrt, dass ich sogar "all inclusive" ein liebenswertes Wesen bin. Auch wenn diese Menschen nicht mehr alle aktiv in meinem Leben sind, bin ich ihnen dafür unendlich dankbar.
Es klingt einfacher als es war, aber mit dem Schritt, mich selbst liebevoll zu betrachten und zu meinem Wesen zu stehen, konnte ich mich aus meiner toxischen Rebellionsenergie lösen. Seitdem wurde es friedlich in mir. Nicht ständig zu allem sofort und überhaupt eine Meinung haben zu wollen, kann helfen aus der verurteilungsfreien, beobachtendes Perspektive eines Kindes wahrzunehmen. Wir tauchen nun in eine Zeit ein, wo dies vielleicht eine der größten Herausforderungen und der wichtigsten Kompetenz werden kann. Also lasst uns die Panzer abwerfen und genießen was sich darunter zeigt. Ganz sicher so viel mehr als wir je zu träumen gewagt hätten.
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